Dr. Linus Rapp widmete sich in seiner Dissertation am Fachbereich Gestaltung der Folkwang Universität der Künste Essen der Ausstellungsgestaltung an der HfG Ulm. Nun ist diese Arbeit bei Spector Books erschienen und zeigt sich dabei in feinfühliger Gestaltung, die dem Titel entspricht: »Wohltuende Sachlichkeit« gibt einen Einblick in ein spannendes Kapitel der deutschen Designgeschichte.

Die HfG Ulm
Als private Hochschule wurde die HfG Ulm von der Designphilosophie ihrer Gründerin und Gründer Inge Aicher-Scholl, Otl Aicher und Max Bill geprägt. Schnell erlangte die Ausbildungsstätte internationales Renommee und konnte dadurch eine Vielzahl namhafter Gestalter aus aller Welt für Vorträge und Seminare gewinnen. Zum Selbstverständnis der Hochschule zählte der enge Kontakt zur Industrie, was unter anderem zu Auftragsarbeiten für Unternehmen wie Braun, Lufthansa oder Rosenthal führte. Aber eben auch zu viel beachteten Ausstellungskonzepten – ein Gestaltungsgenre, das an der HfG Ulm einen hohen Stellenwert in der Ausbildung einnahm.

Neue Wege der Ausstellungsgestaltung
Ausgehend von der Ausstellungseuphorie in den Fünfzigerjahren, als »Begleiterscheinung« des Wirtschaftswunders und der Begeisterung für den industriellen Fortschritt, untersucht der Autor die konzeptionellen Ansätze, gestalterischen Umsetzungen und die Wirkungskraft der HfG Ulm in diesem Bereich. Dabei wird deutlich, dass Ausstellungen nie nur die Bespielung eines Raums oder einer Fläche waren – sie sind immer auch das Ergebnis eines Gestaltungsprozesses. Diese werden in »Wohltuende Sachlichkeit« ebenso beleuchtet wie die Methoden der Inszenierung. Auch die öffentlichen Reaktionen auf unterschiedliche Ausstellungen spart Dr. Linus Rapp nicht aus, wie etwa die heftige Ablehnung des Stadtpavillons von Max Bill (1955) durch die Ulmer Bevölkerung.



1968 und danach?
Auch nach der Schließung der Ulmer Hochschule 1968 prägte ihr Geist weiterhin das Design. Diesen nachfolgenden Jahren wird ebenfalls ein Kapitel gewidmet, das verdeutlicht, dass Ausstellungsgestaltung auch immer ein Spiegel der Gesellschaft, ihrer Politik, Wirtschaft und den treibenden Themen der Zeit ist. So gelang eine hochinteressante Fachlektüre für Gestalterinnen und Gestalter sowie gleichermaßen ein spannender Exkurs in die jüngere deutsche Geschichte. Mit der Betrachtung »Jede Zeit formt ihre Ausstellung« schließt der Band: »Die Beschäftigung mit der HfG lädt dazu ein, Gestaltung jenseits der ästhetischen Oberfläche zu verstehen und sich dem Wert der Dinge, die uns umgeben, wieder bewusst zu werden«.
Wohltuende Sachlichkeit, Linus Rapp, Spector Books, 508 Seiten, ISBN 9783959055161, 36 €.
