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Packaging

Leidenschaft Verpackung

Ein Gespräch mit Mathilda Mutant

Verpackungen für die Confiserie Walter.
Packaging für die Confiserie Walter.

Ausgefeilte, zielgruppengenaue und außergewöhnliche Packaginglösungen sind nicht nur die Expertise von Mathilda Mutant, sondern zugleich ihre große Leidenschaft. Jede ihrer Verpackungen erzählt eine Geschichte, ist in puncto Material, Haptik und Druck wohldurchdacht und überzeugt am Point of Sale mit Ausdruckskraft. Wie entstehen solche Projekte, die weit über das gehen, was uns tagtäglich in Geschäften begegnet? Wir sprachen mit der Kreativen über Prozesse und Ideenfindung.


Packaging ist deine große Leidenschaft, oder?
Oh ja, ich habe ebenso ein Faible für Supermärkte. Immer wenn ich auf Reisen bin, nehme ich mir einen Extra-Koffer für besonders schön verpackte Produkte mit, die ich finde. Die darf man bei mir zu Hause ja nicht essen oder anfassen, haha! Abgesehen davon, dass ich davon selbst begeistert bin, finde es auch schön, Kundinnen und Kunden solche Beispiele zeigen zu können.

Du recherchierst also eher vor Ort als im Netz?
Ja. Natürlich kann man sich im Internet Inspirationen holen, aber dieses haptische Erlebnis ist doch eher das, was einen viel mehr glücklich macht. Daher hatte ich vor ein paar Jahren auch entschieden, wieder Print und Packaging zu fokussieren – es gibt mir einfach die größeren Glücksgefühle!

Woran liegt das, abgesehen von der Haptik?
Ein Packaging- oder Print-Projekt sind viel länger im Umlauf und somit auch länger sichtbar. Digitale Projekte habe ich gefühlt nach einem Tag schon wieder vergessen. Manchmal sehe ich aber in einem Laden ein Packaging von mir, das ich schon fast vergessen hatte – und freue mich dann wieder umso mehr, dass Gestaltung so auch länger sichtbar bleibt.


Man kommt ja ganz gezielt zu dir, um etwas Außergewöhnliches zu realisieren. Wie viel Vertrauen wird dir entgegengebracht?
Ich glaube, ich habe mir in den vergangenen Jahren sehr viel Vertrauen erarbeitet. Meine Kundinnen und Kunden wissen, dass sie sich auf meine Produktionserfahrung verlassen können. Und auch auf mein Gespür, wie man ein Produkt nochmals durch die Papierwahl oder eine Veredelung aufwerten kann. In der Beratung bin ich sehr ehrlich und empfehle immer etwas zu realisieren, das aus der Masse hervorsticht und immer etwas Besonderes beinhaltet.

Fehlt es hier manchmal an Mut?
In Deutschland ist man in Bezug auf Verpackungsdesign schon sehr bodenständig. Das hat aber oft gar nichts mit den Kundinnen und Kunden, sondern tatsächlich mit den Druckereien oder Produktionsstätten zu tun. Man ist häufig nicht bereit, diese Extra-Meile zu gehen und ist schnell mit einem »das geht nicht« bei der Hand. Da wäre es gut, seine Designerin oder seinen Designer einzubinden.
Ansonsten kann ich nur raten, nicht immer marktanalytisch vorzugehen, gerade um aus der »bodenständigen Basis« hervorzustechen. Fragt man Kundinnen und Kunden, möchten diese natürlich immer das Bewährte haben, was sie schon kennen. Aber: Nothing changes, if nothing changes.

Arbeitest du lieber für Start-ups, weil man hier auf der grünen Wiese beginnt oder für etablierte Marken?
Beides. Letztlich ist es immer ein Pingpong mit den Kundinnen und Kunden. Bei MantiManti war das beispielsweise großartig – sie haben ihre Ideen eingebracht und ich meine. Letztlich entstand u.a. eine tolle Umverpackung für die Kinderbrillen, produziert mit zehn Pantone-Farben! Wir haben uns dabei noch einige andere coole Sachen ausgedacht, damit die Kinder beim Auspacken ihrer Brille ein haptisches Erlebnis haben.

Die Confiserie Walter ist hingegen ein Traditionsbetrieb …
… aber mega aufgeschlossen! Bei der Entwicklung des Corporate Design haben wir uns gemeinsam die Historie des Unternehmens angeschaut. Wir haben das komplette Lager durchgesehen, auch alte Druckstanzen. Dabei fanden wir auch diesen Bären, der sich eine Praline einwirft und Teil des damaligen Corporate Designs war. Irgendwann muss dieser in Vergessenheit geraten sein – wir fanden ihn aber so charmant, dass wir ihn wieder zum Leben erweckten. Am Anfang war das dann das meistgekaufte Produkt, weil dieser Bär unglaubliche Emotionen weckte.

Läuft dein Designprozess immer gleich ab?
Die Herangehensweise ist ähnlich, aber das Zeitmanagement im Kreativen ist immer schwierig abzuschätzen. Manchmal habe ich innerhalb von fünf Minuten eine Idee, ein anderes Mal dauert es einfach viel länger. »Process is a project«, sagt man so schön. Man wünscht sich, Prozesse würden immer ähnlich ablaufen, aber so ist es eigentlich nie. Jedes Mal steht man vor einem Labyrinth – manchmal findest du den Weg sofort raus, aber manchmal bleibst du auch irgendwo hängen, musst dann nochmals zurück und wieder vor, bis du den Ausgang findest.

Inwieweit musst du zuvor auch ein Produkt erst mal selbst erleben, um eine Idee zu entwickeln?
Oft ist es eher die Geschichte um das Produkt herum, die mich inspiriert. Das liegt natürlich auch daran, dass es das Produkt in diesem Stadium oft noch gar nicht gibt und ich das Endprodukt erst zusammen mit der fertigen Verpackung sehe.

Trägt ein Material auch zur Ideenfindung bei oder triffst du die Materialwahl erst später?
Erst gibt es eine grundlegende Idee zum Packaging und im zweiten Schritt geht es in die Umsetzungsphase. Bei Walter haben wir uns für die Materialwahl tatsächlich einen ganzen Tag Zeit genommen. Kundinnen und Kunden entwickeln dabei oft eine Sensibilität für Papier, wenn man sie hier heranführt. Aber nicht alle achten darauf und es ist wichtiger, das Produkt schnell auf den Markt zu bringen. Das ist sehr schade, denn wie sagte Charles Eames: »The details are not the details. They make the design«. Am Ende sind es feine Details, die den Unterschied machen. Mein Credo ist immer: Lass uns lieber ein bis zwei Runden mehr drehen, um das Beste herauzuholen!